Was beeinflusst den Wert einer Immobilie?
Aus der Reihe: Gutachter-Wissen leicht erklärt. In diesem Blogartikel möchten wir Ihnen leicht und gut nachvollziehbar Einblick in die Tätigkeit eines Immobiliengutachters geben.
Die Bewertung von Immobilien erfolgt bei einem Sachverständigen für Immobilienbewertung nach festen gesetzlichen Vorgaben und Regeln. Häufig werden wir von unseren Kunden gefragt, welche Faktoren eigentlich den Wert der eigenen Immobilie in Hamburg (oder auch in anderen Orten) beeinflussen. In diesem Artikel möchten wir Ihnen am Beispiel eines Einfamilienhauses vereinfacht erklären, welche Aspekte für den Wert einer Immobilie eine Rolle spielen und wie diese sich konkret auswirken.
Das Zusammenspiel von Grundstückswert und Gebäudewert
Grundsätzlich existieren verschiedene Wertermittlungsmethoden, die in der „Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten“ – kurz ImmoWertV näher beschrieben werden. Dabei sind zur Wertermittlung das Vergleichswertverfahren, das
Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen. Sowohl bei Verkehrswertgutachten als auch bei unseren Kurzgutachten finden diese
normierten Wertermittlungsverfahren Anwendung.
In unserem fiktiven Beispiel nehmen wir an, dass die Immobilie als Einfamilienhaus im Sachwertverfahren als primären Verfahren bewertet werden soll. Dabei wird zunächst der Wert des Bodens unabhängig vom Wert der darauf bestehenden Immobilie getrennt voneinander ermittelt.
Der erste Aspekt, der bei der Immobilienbewertung also eine wesentliche Rolle spielt, ist das Grundstück. Neben Unterschieden in der Größe, der Form, der Art der Nutzung oder vielen weiteren Aspekten hat natürlich insbesondere die Lage einen hohen Einfluss auf den Wert.
Dass der Bodenrichtwert in einer sehr begehrten Lage, z.B. in einem beliebten Ortsteil nahe einer S-Bahn-Station, deutlich höher ausfallen kann als in einer weniger gefragten Lage, welche beispielsweise über eine sehr schlechte Anbindung verfügt, ist selbsterklärend. Allerdings kann nicht einfach der gültige Bodenrichtwert mit der Grundstücksgröße multipliziert werden, um zu dem Wert des Bodens zu gelangen. Vielmehr ist eine Anpassung an die Grundstücksmerkmale des Bewertungsobjektes notwendig. Die Anpassungsfaktoren werden vom zuständigen Gutachterausschuss im Grundstücksmarktbericht beschrieben.
Um hier ein Beispiel zu nennen: ist das Richtwertgrundstück 800 m² groß, das Bewertungsgrundstück allerdings 1.500 m², kann es sein, dass der Bodenrichtwert über einen Anpassungsfaktor anzupassen ist. In diesem Beispiel würde dann der angepasste Bodenrichtwert vermutlich niedriger ausfallen als der nominale Bodenrichtwert.
Einflussfaktoren auf den Gebäudewert
Die Lage des Grundstückes ist aber natürlich nicht allein ausschlaggebend für den Wert. Auch das Gebäude spielt bei der Immobilienbewertung eine entscheidende Rolle. Um Ihnen einen Überblick über die wertbeeinflussenden Faktoren im Sachwertverfahren zu geben, werden die wichtigsten Faktoren hier kurz dargestellt (nicht vollständig!).
- die Bruttogrundfläche. Natürlich ist die Größe des Gebäudes für die Ermittlung des Immobilienwertes wichtig. Im Sachwertverfahren wird nicht mit der Wohnfläche gerechnet, sondern mit der Brutto-Grundfläche, die beispielsweise auch den Keller umfasst.
- der Objekttyp. Es wird zwischen verschiedenen Objekttypen unterschieden, die z.B. abhängig sind von den Geschossen, der Unterkellerung und dem Dach. Für die unterschiedlichen Objekttypen sind Kostenkennwerte in €/m² pro Standardstufe vorgegeben.
- die Standardstufe. Die Standardstufe meint die Qualität(sstufe) einzelner Kostengruppen. Dabei werden vom Sachverständigen alle wesentlichen Kostengruppen der Immobilie (z.B. Außenwände, Dach, Fenster, Heizung etc.) beurteilt. Dreifachverglaste Fenster mit elektrischen Außenjalousien haben beispielsweise eine höhere Stufe als einfache Holzfenster aus den 1960er-Jahren. Die Qualitätsmerkmale der einzelnen Stufen sowie deren Gewichtung nach ImmoWertV haben einen Einfluss auf die sog. „Normalherstellungskosten“
- die Modernisierungen. Der Gutachter stellt fest, welche Modernisierungen an wesentlichen Bauteilen erfolgt sind (und wie lange diese her sind). Grundsätzlich ist für die Wertermittlung die Restnutzungsdauer der Immobilie zu ermitteln, also wie viele Jahre kann das Gebäude noch genutzt werden. Vereinfacht berechnet sich diese aus Gesamtnutzungsdauer abzüglich Alter des Gebäudes. Dennoch kann ein altes Gebäude eine Restnutzungsdauer aufweisen, die deutlich länger ist als obige Formel ergeben würde. Sowohl durch eine Kernsanierung als auch durch einzelne Modernisierungsmaßnahmen verlängert sich die Restnutzungsdauer einer Immobilie. Modernisierungen werden beispielsweise in einem Punktesystem erfasst. Aus diesem ermittelt sich dann mittels festgelegter mathematischer Formel eine modifizierte Restnutzungsdauer.
Vereinfacht gesagt wird beim Sachwertverfahren überprüft, was die Herstellung des Gebäudes heute kosten würde. Dann wird im zweiten Schritt die Alterswertminderung (ermittelt aus der Restnutzungsdauer) abgezogen. Aus diesem vorläufigen Sachwert der baulichen Anlagen (inkl. Außenanlagen) und dem Bodenwert ermittelt sich dann der vorläufige Sachwert.
Bedeutet das, dass die Immobilie (ohne Bodenwert) lageunabhängig gleich viel wert ist?
Nein. Das Gebäude (ohne Grundstück) wird zwar in unterschiedlichen Lagen (in ganz Deutschland) nach gleicher Methodik im Wert ermittelt. Allerdings erfolgt dann noch die Marktanpassung über den sog. Sachwertfaktor. Zum Sachwertfaktor haben wir bereits einen eigenen Artikel verfasst, den Sie sich gern hier anschauen können: Sachwertfaktor
Der Sachwertfaktor passt vereinfacht gesagt den zuvor ermittelten vorläufigen Sachwert (aus Grundstück und Gebäude) an den örtlichen Immobilienmarkt an. Dieser Schritt ist von enormer Wichtigkeit, ansonsten würde beispielsweise das gleiche Gebäude (unabhängig vom Bodenwert) in der ersten Reihe an der Alster genauso viel wert sein wie 50 Kilometer von der Alster entfernt. Als zertifizierte Gutachter arbeiten wir ausschließlich mit den Marktanpassungsfaktoren des jeweils zuständigen Gutachterausschusses, um den Immobilienwert modellkonform an den Markt anzupassen. Wie der Sachwertfaktor genau funktioniert und wie er ermittelt wird, finden Sie in dem oben verlinkten Artikel genauer erklärt.
Neben den hier erläuterten Einflussfaktoren spielen viele weitere Aspekte eine Rolle, die vom Sachverständigen zu würdigen sind. Das können beispielsweise besondere Bauteile, Zubehör, besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale und vieles weitere sein. Dieser Artikel hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll dem Leser vielmehr einen Überblick verschaffen, welche Faktoren (hier im Sachwertverfahren) unter anderem vom Gutachter zu berücksichtigen sind.