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Jahressteuergesetz 2022: wird vererben 2023 wirklich teurer?

Erhöhungen bei der Erbschaftssteuer 2023? Wir klären auf.

Wer aktuell einschlägige Fachmedien und große Tageszeitungen liest, stolpert immer wieder über Artikel zum Thema Erbschaftssteuer. Den Tenor ist dabei häufig ähnlich: seit diesem Jahr (2023) wird das Verschenken oder Vererben von Immobilien (deutlich) teurer. Inwiefern das tatsächlich der Fall ist, klären wir in diesem Artikel auf.

Das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) - was ändert sich rechtlich beim Vererben von Immobilien?

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) ergeben sich Änderungen bei der Bewertung im Sachwert- und Ertragswertverfahren, um die Wertermittlung an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) anzupassen. Daraus leiten viele Zeitungsartikel ab, dass das Vererben deutlich teurer wird, da sich die Marktanpassungsfaktoren erhöhen.

Richtig ist, dass sich die Liegenschaftszinssätze (§ 188 Abs. 2 Satz 2 BewG) und die Wertzahlen für das Sachwertverfahren (§ 191 Satz 2 BewG i.V.m. Anlage 25 zum BewG) verändern. Dennoch führt diese Änderung nicht unbedingt dazu, dass sich der Verkehrswert des Objektes im Vergleich zu 2022 erhöht.

Das liegt an zwei wesentlichen Einschränkungen:

  1. Vorrangig ist zunächst immer das Vergleichswertverfahren anzuwenden. Das Vergleichswertverfahren basiert vereinfacht ausgedrückt auf den Vergleichspreisen bzw. -faktoren, die der zuständige Gutachterausschuss ermittelt. Die angepassten Liegenschaftszinssätze und Wertfaktoren (Sachwertfaktoren) sind für diese vorrangige Ermittlung im Rahmen eines Erben zunächst völlig irrelevant. Nur wenn keine Vergleichswerte vorliegen, kommt das Sachwert- oder Ertragswertverfahren zum Einsatz (je nach Objektart).
  2. Beim Sachwert- und Ertragswertverfahren sind ebenfalls die Marktanpassungsfaktoren des zuständigen Gutachterausschusses anzuwenden. Nur in Fällen, in denen diese Anpassungsfaktoren nicht zur Verfügung stehen, greifen die im Jahressteuergesetz festgelegten Liegenschaftszinssätze oder Wertzahlen.
 
Dass sowohl keine Vergleichswerte als auch keine Marktanpassungsfaktoren des Gutachterausschusses zur Verfügung stehen, ist unserer Erfahrung nach die absolute Ausnahme.

Was ändert sich also in den meisten Fällen bei Erbschaft und Schenkung?

Kurzgefasst: wenig bis nichts. Denn in den Regionen, in denen wir tätig sind, verfügen die Gutachterausschüsse meist über eine sehr gute Datenlage und halten diese für die Wertermittlung nötigen Anpassungsfaktoren bereit.

Außerdem würde eine Verwendung der Liegenschaftszinssätze nach § 188 Abs. 2 Satz 2 BewG nicht unbedingt zu einer Benachteiligung des Steuerpflichtigen führen, im Gegenteil: würde beispielhaft in Hamburg der Liegenschaftszinssatz des Bewertungsgesetzes angewandt werden (statt der vorrangig zu nutzenden Zahlen des Gutachterausschusses), wäre der daraus resultierende Verkehrswert sogar niedriger, da die Liegenschaftszinssätze in Hamburg deutlich unter den Liegenschaftszinssätzen des BewG. liegen (je niedriger der Liegenschaftszinssatz, desto höher der Verkehrswert).

In Regionen, in denen die Finanzämter also ohnehin schon mit den Daten und Anpassungsfaktoren der zuständigen Gutachterausschüsse arbeiten, ändert sich also nichts durch die Ausführungen im Jahressteuergesetz. Änderungen ergeben sich hier vielmehr durch die regelmäßig neu veröffentlichen Immobilienmarktberichte der Gutachterausschüsse.

In welchen Fällen ist ein Gutachten sinnvoll bzw. nötig?

Wir erhalten aufgrund der medialen Berichtserstattung vermehrt Anfragen für Verkehrswertgutachten, da eine höhere Besteuerung befürchtet wird. Wie Sie hier erfahren haben, ist eine vorschnelle Beauftragung eines Gutachtens jedoch nicht sinnvoll bzw. nötig.

Empfehlenswert ist die Beauftragung eines Sachverständigen vielmehr dann, wenn der vom Finanzamt ermittelte Wert über einem lagetypischen Verkehrswert zu liegen scheint. Das kann aus vielerlei Gründen passieren. Das Finanzamt begutachtet die Immobilie nicht vor Ort und ermittelt den Wert anhand von Vergleichspreisen bzw. faktoren oder aber im Sachwert- bzw. Ertragswertverfahren. Ohne eine Besichtigung vor Ort müssen natürlich gewisse Annahmen zum Zustand, zur Ausstattungsstufe und beispielsweise zur Restnutzungsdauer getroffen werden.

Auch weitere objektspezifische Besonderheiten können dabei oft nicht hinreichend berücksichtigt werden. Verfügt das Bewertungsobjekt beispielsweise über einen erheblichen Sanierungsstau, kann es gut vorkommen, dass dieser Umstand nicht sachgerecht berücksichtigt wurde. In diesen Fällen kann mittels Verkehrswertgutachten der niedrigere gemeine Wert nachgewiesen werden.

Gern beraten wir Sie auch gemeinsam mit Ihrem Steuerberater vor der Einreichung einer entsprechenden Steuererklärung.

Jahressteuergesetz 2022: wird vererben 2023 wirklich teurer?

Haftungsausschluss: Dieses Dokument wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte können wir jedoch keine Gewähr übernehmen.