Finanzgericht Münster: Erhöhung der Immobilienabschreibung möglich
Wer eine Immobilie besitzt und vermietet, schreibt diese üblicherweise linar mit 2% jährlich ab. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Anschaffungskosten des Gebäudes dann steuerlich nach 50 Jahren vollständig als Werbungskosten abgeschrieben sind.
Wer allerdings eine gebrauchte Immobilie erwirbt, sollte in Erwägung ziehen, die wirtschaftliche Restnutzungsdauer der Immobilie genauer zu betrachten. Denn wer mittels Gutachten eine geringere Restnutzungsdauer des Gebäudes nachweisen kann, kann die Abschreibung entsprechend erhöhen, dies hat das Finanzgericht Münster im Januar 2022 geurteilt (Aktenzeichen: 1 K 1741/18 E).
In diesem Fall lag dem Immobilieneigentümer ein Sachverständigengutachten vor, welches eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren für das Gebäude auswies. Der Eigentümer erhöhe demnach den Abschreibungssatz von 2% auf 3,33%, um das Gebäude in den verbleibenden 30 Jahren abschreiben zu können. Nachdem das Finanzamt zunächst nur den geringeren Abschreibungssatz berücksichtigte, gab das Gericht dem Eigentümer recht.
Es muss kein Bausubstanzgutachten mehr sein
Erwähnenswert ist dies unter anderem deshalb, weil bis dato Finanzämter ein idR. sehr viel kostspieligeres Bausubstanzgutachten verlangt haben. Nun reicht auch ein normales Verkehrswertgutachten zum Nachweis beim Finanzamt aus.
Das oben erwähnte Urteil des Finanzgerichtes Münster stützt sich dabei auf einem Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2021, welches zur Verkürzung der Nutzungsdauer urteilte, dass sich „jeder Darlegungsmethode bedient werden, die im Einzelfall geeignet erscheint“ (Aktenzeichen: IX R 25/19)
Eine geringere Restnutzungsdauer (RND) ermöglicht eine höhere Abschreibung
In der Praxis bedeutet dies für Vermieter, dass die Feststellung der Restnutzungsdauer mittels Gutachten lohnenswert sein kann, wenn das Gebäude aufgrund des Baujahres sowie des Modernisierungsgrades vermutlich eine geringere Restnutzungsdauer aufweisen könnte. Kann die verkürzte Restnutzungsdauer dem Finanzamt nachgewiesen werden, greift die höhere Abschreibung und ermöglicht damit die Reduzierung der Steuerlast.
Fiktives Beispiel:
Der Gebäudewert (ohne Grundstück) einer Immobilie beträgt 400.000 €, die Restnutzungsdauer gemäß Gutachten beträgt 30 Jahre.
- jährliche Abschreibung bei 2%: 8.000 €
- jährliche Abschreibung bei 3,33%: 13.320 €
Die reduzierte Restnutzungsdauer (RND) von 30 Jahren führt im Beispiel zu einer Erhöhung des Afa-Satzes auf 3,33% (100% / 30 Jahre = 3,33%). Dies führt zu einer Erhöhung der steuerlich absetzbaren Werbungskosten von 5.320 € pro Jahr.
Das fiktive Beispiel dient selbstverständlich nur zur Nachvollziehbarkeit der Auswirkungen einer erhöhten Abschreibung. Eine Erhöhung des Afa-Satzes kann natürlich nur dann in Betracht kommen, wenn das Gebäude tatsächlich auch eine geringere Restnutzungsdauer aufweist. Bei Gebäuden, die aufgrund eines jungen Baujahres oder einer entsprechenden aufwendigen Modernisierung oder Sanierung eine hohe Restnutzungsdauer aufweisen, kommt eine Anpassung der Abschreibung nicht in Frage.
Sie haben weitere Fragen zu dem Thema oder wünschen die Erstellung eines Gutachtens zur Vorlage beim Finanzamt? Dann sprechen Sie uns gern an, wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Weitere Informationen zum Thema Restnutzungsdauer und Erhöhung der Abschreibung finden Sie auf unserer Seite zu diesem Thema: „AfA-Gutachten“