BFH Urteil: Schätzung der Restnutzungsdauer nach ImmoWertV

BFH Urteil v. 23.01.2024 - IX R 14/23 zur Schätzung der Restnutzungsdauer nach ImmoWertV

Mit einem Restnutzungsdauergutachten lässt sich die Abschreibung einer Immobilie erhöhen, wenn eine kürzere Restnutzungsdauer als die typisierten 50 Jahre (2 % Afa) nachgewiesen werden kann.

Nachdem das BFH Urteil v. 28.07.2021 (IX R 25/19) deutlich Bewegung in die Angelegenheit brachte, da nach diesem ein Bausubstanzgutachten nicht mehr erforderlich sei, sondern „der Steuerpflichtige sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) jeder Darlegungsmethode bedienen könne, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint“, veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 22.02.2023 ein Schreiben, in dem konkrete Vorgaben an solch ein Gutachten zur Restnutzungsdauer gemacht wurden. Unseren Artikel hierzu finden Sie hier:

Update zum RND-Gutachten – neue Anforderungen an Gutachten

 

 

BFH entscheidet teilweise entgegen dem BMF-Schreiben

Von besonderem Interesse ist nun, dass der Bundesfinanzhof in seinem aktuellen Urteil vom 23.01.2024 hinsichtlich bestimmter Anforderungen an den Nachweis der geringeren Restnutzungsdauer teilweise gegen das BMF-Schreiben entschieden hat.

So heißt es in dem Urteil: „Die weitergehenden Anforderungen und Einschränkungen, die die Finanzverwaltung in Rz 23 f. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom (BStBl I 2023, 332) für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer durch Sachverständigengutachten aufstellt, lassen sich dem Gesetz jedenfalls nicht in Gänze entnehmen. Weder § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG noch § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV geben vor, auf welche Weise und anhand welcher Gutachtenmethode der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, zu schätzen ist“

Und: „Insbesondere die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV 2010 (inzwischen § 4 Abs. 3 der Immobilienwertermittlungsverordnung vom ImmoWertV 2021—, BGBl I 2021 2805) ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode (Brandis/Heuermann/Brandis, § 7 EStG Rz 522; Graw, juris PraxisReport Steuerrecht 5/2022, Anm. 3), die ohne eine gesetzliche Anordnung für steuerrechtliche Schätzungen nicht ausgeschlossen werden kann. „

 

Weiter heißt es: „Ein auf die Vorgaben der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung gestütztes Sachverständigengutachten ist auch geeignet, Aufschluss über die für die tatsächliche Nutzungsdauer maßgeblichen Determinanten zu geben (ebenso Lücke, NWB 2023, 1236, 1241). § 6 Abs. 6 Satz 1 ImmoWertV 2010 (= § 4 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV 2021) ordnet eine wirtschaftliche Bestimmung der Restnutzungsdauer an, stellt somit nicht auf den technischen Verschleiß eines Gebäudes ab. Es wäre indes verfehlt zu fordern, dass sich ein Sachverständigengutachten zu sämtlichen für die Restnutzungsdauer maßgeblichen Determinanten verhalten müsste. Begründet der Steuerpflichtige die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer mit einer wirtschaftlichen Abnutzung oder einer auf rechtlichen Gegebenheiten beruhenden früheren Entwertung, bedarf es keiner sachverständigen Feststellungen zum technischen Verschleiß des Gebäudes, da die kürzere wirtschaftliche oder rechtliche Nutzungsdauer entweder nur bedingt oder zumeist gar nicht vom technischen Gebäudezustand abhängig ist (Korn/Strahl, NWB 2023, 3412, 3434 f.). „

Die Folgen des neuen Urteils

Im Kreis der Sachverständigen war eine solche höchstrichterliche Entscheidung mit Spannung erwartet worden, da es in der Vergangenheit nach Vorlage eines entsprechenden Restnutzungsdauergutachtens vereinzelt zu Unstimmigkeiten mit der Finanzverwaltung gekommen war.


Dass der BFH nun ausdrücklich bestätigt hat, dass es zulässig ist, die Restnutzungsdauer nach den Vorgaben der ImmoWertV zu ermitteln, wird begrüßt.

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